Über nichts wird mehr Unfug verbreitet als über sogenannte Marketingregeln. Eine davon ist die berühmte Formel von der Unique Selling Proposition, genannt USP, oder auch Alleinstellungsmerkmal.
Kaum ein Gespräch zwischen Marketingberatern und ihren Kunden verläuft ohne die Frage nach diesem Ding. Was ist unser USP? Warum sollen die Leute unser Produkt kaufen und nicht ein anderes?
Erfunden wurde der USP 1940 von Rosser Reeves. Er arbeitete bei der Werbeagentur Ted Bates und hatte diesen Gedanken, um seinen Kunden etwas anzubieten, was nach Strategie aussieht und irgendwie wissenschaftlich klingt. Die nachgereichte theoretische Begründung ist aus heutiger Sicht weder evidenzbasiert noch verhaltenspsychologisch plausibel. Trotzdem verklären viele Berater auch heute noch den USP zu einem Mysterium und zwingen Kunden, ihre wertvolle Zeit mit der Suche nach diesem Merkmal zu verschwenden.
Dabei zeigt die empirische Evidenz etwas ganz anderes: Die Leute kaufen habituell, ohne groß nachzudenken. Unser Gehirn hat gelernt, nur zu denken wenn es nötig ist und damit Energie zu sparen. Im weitesten Sinne gilt das auch für komplexe B2B-Beschaffungsprozesse. Gekauft wird aus lauter Gewohnheit bei denen, denen man vertraut. Niemand ärgert sich mehr darüber als Newcomer, die so sehr davon überzeugt sind, dass ihr Angebot doch viel besser ist als das der etablierten Konkurrenz. Es gilt aber auch, dass niemand gefeuert wird, weil er IBM gekauft hat.
Der Grund, warum kleine Marken klein sind, ist, dass sie nur wenigen Leuten bekannt sind und dementsprechend nur wenige Leute ihre Produkte kaufen. Hier wird nun klar, wozu Marketing da ist, nämlich Wachstum zu erzeugen. Große Marken werden nicht deshalb mehr gekauft, weil ihre Produkte besser sind oder sich in dem einen oder anderen Punkt von anderen unterscheiden. Sie werden gekauft, weil man sich in Kaufsituationen eher an sie erinnert. Und weil man weiß, dass die Angebote OK sind und man sich keine großen Gedanken machen muss, ob die Sachen schmecken, passen, dicht sind, Neid hervorrufen oder überhaupt ihre Funktion erfüllen. Man weiß es einfach.
Das, wofür eine Marke steht, muss also möglichst vielen Leuten bekannt sein. Ein USP ist dafür weder nötig noch in den meisten Fällen überhaupt vorhanden. Jedes neue Feature wird spätestens nach drei Monaten von der Konkurrenz imitiert.
Ähnlich unsinnige Marketingregeln finden wir in den Beraterpapieren als Erläuterungen über Markentypologien, Bedürfnispyramiden oder in obskuren Behauptungen von Markengurus wie Simon Sinek („Users don’t buy what you do they buy why you do it” – erzählen Sie das mal einem Hersteller von Komponenten für die Heiztechnik). Auch John Wanamakers Bonmot von der Hälfte des Werbegeldes, welches zum Fenster hinausgeworfen wird, wobei man nicht weiß, um welche Hälfte es sich handelt, wird gerne hervorgeholt. In den meisten Fällen dürfte es als vorauseilende Entschuldigung für Misserfolge von Werbemaßnahmen dienen. Auch kein guter Ansatz.
Mein erster Kommentar, wenn ich mit einem neuen Kunden spreche, ist: Das meiste davon können Sie erstmal vergessen. Fangen Sie bei Null an und lernen Sie den Markt, in dem Sie sich bewegen, von Grund auf kennen. Und zwar aus der Sicht des Kunden, nicht aus der eigenen Perspektive. Das ist Marketing. Eine Methode und nicht eine Regel.
Der grundlegende Prozess dafür besteht seit 1931 aus den Bereichen Diagnose, Strategie und Taktik. Entwickelt wurde er in Cincinatti (Ohio) bei Procter und Gamble. Kurz gesagt: Ohne Diagnose kann keine strategische Entscheidung getroffen werden. Und ohne Strategie ist die Anwendung von Taktiken sinnlos. Der Grund, dass im Marketing so viel Geld verschwendet wird, liegt an der Missachtung dieser Reihenfolge.
Warum daran etwas ändern? Warum hinter den neuesten Trends hinterherlaufen, nur weil es alle tun? Warum schnell eine „Social Media Managerin” einstellen, die dann mit ihrem Post für strömungsoptimierte Abwasserrohre 29 Likes auf Instagram erhält. Davon 14 von den eigenen Leuten. Oder auf 10.000 Display-Views vier „Klick mich”-Konversionen, davon drei aus Versehen. Wollen Sie das wirklich?
Also, seien Sie kein Verschwender. Folgen Sie nicht den Versprechungen, denen alle hinterherrennen. Gehen Sie methodisch vor. Und wenn sich dabei herausstellt, dass Sie ihr ganzes Budget bei Facebook einsetzen sollten, ist das OK. Aber erst dann, und nicht von vornherein. Und – erzählen Sie keinem etwas davon. Niemand muss wissen, wie Sie ihre Marke managen und welche Methoden Sie anwenden. Das ist die wahrscheinlich wichtigste Taktik im Marketing.
Dieser Prozess ist jetzt 90 Jahr alt. Und er ist nicht trotz, sondern wegen seines Alters so gut. Jeder Marketingplan, der seinen Namen verdient, sollte diese drei aufeinander folgenden Phasen enthalten. Denn so, und nur so, werden Ergebnisse erzielt.
Über mich
Mein Name ist Manni Türk. Zur Werbung kam ich 1984 nach meinem Pädagogik- und BWL-Studium in Münster. Anfangs arbeitete ich parallel als Berufsschullehrer und Grafik-Freelancer. Ab 1992 mit einer eigenen Agentur, die ich 2018 an meine Partner verkaufte. Seit zwei Jahren konzentriere ich mich auf die Schnittstelle zwischen Marketing und Werbung.
Gearbeitet habe ich für kleine und mittelgroße Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen. Da mir die Werbung an sich sehr viel Freude macht, ist es mir egal, um welche Produkte, Dienstleistungen oder Marken es geht. Meine Erfahrungen reichen von der Gastronomie über Möbelhandel, Bauwirtschaft, Automobil-Zulieferer, Transportsysteme, Optik-Einzelhandel, Gebäudeentwässerung, Türen und Tore, Lichttechnik und Versicherungen bis zur Energieversorgung und zum Pharma-Marketing. Für Kunden wie Geronimos Restaurant am Möhnesee (Freunde), Renneke Bautechnik (Note 1), Brillen Rottler (macht glücklich), Dallmer Sanitärtechnik (Damit’s gut abläuft), Dotherm/Doceram/Medical, Wilo (Regenwassernutzung), Novoferm Türen und Tore, Warsteiner Brauerei (Creating Places), Wavin (Tiefbau), Toshiba (LED Licht), BJB (Technik für Licht), Trilux, Thorn, Schaco Entwässerungstechnik, FEIL Logistik, GGV Energie (Strom, Gas, nachhaltige Energien), Medicom Pharma (OTC und Nahrungsergänzung) u.v.a.
Von 1988 bis 2008 war ich Inhouse-Marketingberater für Dallmer, ein traditionsreiches Familienunternehmen, das Premium-Produkten für die Gebäudeentwässerung herstellt. Gemeinsam entwickelten wir den langjährig eingesetzten Slogan „Damit’s gut abläuft!”. Mit der Geschäftsführung war ich zudem an der Einführung zahlreicher Innovationen beteiligt. Unter anderem bei den CeraLine-Duschrinnen, den CeraDrain Bodenabläufen und den Dallmer Design-Rosten. Für unsere Arbeiten erhielten wir den iF Design Award, einen GWA Profi Shortlist-Platz sowie die Nominierung zum Designpreis der Bundesrepublik Deutschland.
Von 1996 bis 1999 habe ich mit Partnern die Werbe- und Projektagentur DPNY Communications in Palma de Mallorca aufgebaut und war dort als Geschäftsführer tätig. Wir betreuten die Marke Medicom Pharma und führten sie bis zur erfolgreichen Akquisition (es war ein gutes Geschäft) durch einen Großhandel für Reformhaus-Bedarf.
Nach all diesen Erfahrungen weiß ich, was funktioniert und was nicht. Und ich weiß, dass es keine pauschalen Empfehlungen gibt, die man einfach so anwenden kann (auch wenn viele das gerne hätten). Marketing und Werbung sind immer und ohne Ausnahme individuelle Aufgaben, die auf einen konkreten Fall abgestimmt sein müssen. Patentrezepte gibt es nicht!
Aktuell arbeite ich in Düsseldorf, teilweise in London und auf Mallorca. Ich bin verheiratet, habe eine Tochter und zwei Enkelkinder. Die dürfen mich Opa nennen, sonst keiner!
„Da der Zweck eines Unternehmens darin besteht, einen Kunden zu erschaffen, hat das Unternehmen zwei – und nur zwei – Grundfunktionen: Marketing und Innovation. Marketing und Innovation bringen Ergebnisse hervor; alles andere sind Kosten. Marketing ist die unterscheidende, einzigartige Funktion.” (Peter Drucker)
Warum wir?
Weil wir den Prozess beherrschen und erfahren sind. Weil wir gerne arbeiten und den Erfolg wollen. Weil wir kleinere Projekte genau so gerne realisieren wie größere. Gemeinsam finden wir den Weg.